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Blutverdünner und Corona – eine gute Kombination?

Corona beeinflusst auch die Blutgerinnung – immer häufiger weisen an Covid-19-Erkrankte Gerinnungsstörungen mit einem erhöhten Risiko für die Bildung von Blutgerinnseln (Thromboembolien) auf. Diese entstehen sowohl in den Gefäßen, die Blut vom Herzen wegführen als auch in den Gefäßen, die Blut zum Herzen hinführen. Was bedeutet das für Infizierte? Unsere Expertin klärt auf.

12. Oktober 2020
Blut - rote Blutkörperchen oder Blutzellen in Ader - Konzept Herz-Kreislauf oder Blutkreislauf,Blut - rote Blutkörperchen oder Blutzellen in Ader - Konzept He

Was sind Blutverdünner?

Bei Gerinnungshemmern, umgangssprachlich Blutverdünnern, handelt es sich um gerinnungs-hemmende Medikamente, die dafür sorgen, dass bestimmte Bestandteile des Blutes nicht so leicht aneinanderhaften. „Die Bezeichnung ‚Blutverdünner‘ ist nicht ganz treffend, denn das Blut wird nicht flüssiger, sondern die Gerinnungsfähigkeit des Blutes gemindert“, sagt Priv.-Doz. Dr. Janine Pöss, Oberärztin der Universitätsklinik für Kardiologie am Helios Herzzentrum Leipzig.

Wie wirken Blutverdünner?

Gerinnungshemmende Medikamente wirken auf die Gerinnungsfähigkeit des Blutes, um die Bildung eines Thrombus (Blutpfropf) zu verhindern. „Die Gerinnungsfähigkeit des Blutes ist für den Menschen lebenswichtig, um bei Verletzungen einen hohen Blutverlust zu verhindern“, so Dr. Janine Pöss.

Gerinnungshemmer werden bei bestimmten Erkrankungen eingesetzt, um der Bildung von Blutgerinnseln vorzubeugen, die zu HerzinfarktenSchlaganfällen und Venenthrombosen führen können.

Je nach Wirkstoff hemmen sie die Bildung oder Wirkung bestimmter Gerinnungsfaktoren. So können Blutplättchen nicht so leicht verklumpen. Welche Art von Gerinnungshemmer infrage kommt, hängt von der Grunderkrankung der Patient:innen sowie dem Alter, Begleiterkrankungen oder Risikofaktoren für Blutungskomplikationen ab. Diese komplexe Entscheidung muss nach sorgfältiger Abwägung durch die behandelnden Ärzt:innen getroffen werden.

Herzzentrum Leipzig

Oberärztin der Universitätsklinik für Kardiologie

Die Bezeichnung ‚Blutverdünner‘ ist nicht ganz treffend, denn das Blut wird nicht flüssiger, sondern die Gerinnungsfähigkeit des Blutes gemindert.

Was passiert bei der Bildung eines Thrombus?

Bei der Bildung eines Thrombus entsteht ein Blutgerinnsel. Hierbei handelt es sich häufig um eine physiologische Reaktion mit der der Körper auf Verletzungen reagiert und somit einem starken Blutverlust vorbeugt. Somit ist die Thrombenbildung für den Menschen primär positiv und wichtig. Im Rahmen verschiedener Erkrankungen wie beispielsweise dem Herzinfarkt, dem Schlaganfall, der Venenthrombose oder der Lungenembolie liegt jedoch eine krankhafte Blutgerinnselbildung vor. Hierdurch können lebensbedrohliche Beschwerden auftreten. Daher müssen schnell medizinische Maßnahmen ergriffen werden.

Gerinnungshemmer in der Covid-19 Therapie:

Das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 führt häufig zu einer Bildung von Blutge-rinnseln. Eine Therapie mit gerinnungshemmenden Medikamenten kann dieses Risiko reduzieren. Allerdings können die Medikamente auch zum Auftreten von Blutungen führen. Die Entscheidung für oder gegen eine blutverdünnende Therapie muss durch die Ärzt:innen über eine individuelle Nutzen-Risiko-Abwägung erfolgen. „Alle im Krankenhaus behandelten Patientinnen und Patienten sollten eine medikamentöse Behandlung zur Prophylaxe einer Blutgerinnselbildung im venösen Gefäßsystem erhalten“, so Dr. Pöss.

Die medikamentöse Thromboseprophylaxe wird meistens subkutan (unter die Haut) gespritzt. „Beobachtungsstudien legen nahe, dass bei intensivpflichtigen Covid-19-Patientinnen und –Patienten eine prophylaktische Behandlung nicht ausreichend wirksam ist, sodass eine intensivere Blutverdünnung erwogen werden sollte. Laut den Leitlinien-Empfehlungen zur intensivmedizinischen Therapie von Patientinnen und Patienten mit COVID-19 kann dies jedoch nicht routinemäßig bei allen mit SARS-CoV-2-Infizierten empfohlen werden“, erklärt die Expertin.

Vielmehr seien dies Einzelfallentscheidungen, die durch die behandelnden Ärzt:innen getroffen werden müssen. Hierbei werden unter anderem das Risiko für das Auftreten von Thromboembolien und das Risiko für Blutungen gegeneinander abgewogen.

Covid-19-Patientinnen und -Patienten mit gesicherten Thromboembolien müssen in der Regel mit einer therapeutisch dosierten Blutverdünnung behandelt werden. Das gilt auch für Betroffene mit anderen Grunderkrankungen, die unabhängig von der Covid-19-Infektion einer Blutverdünnung bedürfen, etwa bei künstlichen Herzklappen und bestimmten Herzrhythmusstörungen, wie Vorhofflimmern.

Welche Gerinnungshemmer gibt es und wie wirken sie bei Covid-19?

„Bei Menschen, die am SARS-CoV-2-Virus erkrankt sind, erfolgt die Behandlung vor allem mit Heparinpräparaten“, so Dr. Pöss. Diese stellen eine medikamentöse Thrombose-prophylaxe sicher und sollten allen stationär behandelten Covid-19-Patientinnen und –Patienten verabreicht werden. In der Regel erfolgt die Gabe von Heparin subkutan, bei Betroffenen auf der Intensivstation häufig auch intravenös.

Bei Patient:innen, die während ihres Krankenhausaufenthaltes ein thromboembolisches Ereignis, wie eine Lungenembolie oder Venenthrombose, hatten, muss auch nach der Entlassung über eine gewisse Zeit eine Blutverdünnung mittels Medikamente erfolgen. Die Mittel können dabei meistens oral eingenommen werden.

Zu den Hauptvertretern zählen Cumarine (Phenprocoumon, Warfarin) oder sogenannte direkte orale Antikoagulanzien (DOAKS: Apixaban, Edoxaban, Rivaroxaban oder Dabigatran). „Cumarine hemmen die Bildung von Vitamin K, das für den Aufbau aktiver Gerinnungsfaktoren im Blut benötigt wird. Die oralen Antikoagulanzien üben ihre Wirkung über die direkte Hemmung eines Schlüsselenzyms der Gerinnung aus“, sagt die Expertin.

Einige Patient:innen weisen bereits vor einer Infektion mit SARS-CoV-2 eine Grunderkrankung auf, die einer therapeutischen Blutverdünnung bedarf. Diese Maßnahme wird im Krankenhaus auch fortgesetzt, wenn eine Covid-19- Erkrankung vorliegt. Ob die Behandlung mit denselben Medikamenten wie zu Hause erfolgen kann, oder auf Heparin umgestellt wird, entscheiden die behandelnden Ärzt:innen. Heparin hat den Vorteil, dass es kürzer wirksam ist und somit besser steuerbar. Das heißt, dass es bei Blutungen oder vor invasiven Eingriffen schnell absetzbar ist.  

Senkt eine Behandlung mit Blutverdünnern die Sterberate?

Diese Frage kann nicht global für alle Covid-19-Patient:innen beantwortet werden. „Einige Studien deuten darauf hin, dass vor allem kritisch kranke Covid-19-Patientinnen und Patienten von einer blutverdünnenden Behandlung profitieren können. Allerdings ist die Studienlage noch lückenhaft, sodass die Entscheidung bezüglich der Intensität einer blutverdünnenden Therapie immer im Einzelfall durch die behandelnden Ärzte erfolgen muss“, sagt Dr. Pöss.

Keine pauschale Gabe von Gerinnungshemmern bei Covid-19-Infektion

Eine Infektion mit SARS-CoV-2 ist in jedem Alter möglich. Schutzmaßnahmen können die Verbreitung des Virus verlangsamen und sind wichtig, Erkrankte mit schweren Verläufen müssen oft künstlich beatmet werden.

Dieser Artikel gibt den derzeitigen Wissensstand des zuletzt aktualisierten Datums wieder. Er wird regelmäßig nach den neuesten wissenschaftlichen und medizinischen Kenntnissen aktualisiert.

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