Klinik für Anästhesie, Notfallmedizin und Schmerztherapie

SOP ZVK-Anlage

In verschiedenen Situationen des anästhesiologischen Alltages ist es erforderlich, zentrale Zugänge zu den großen Gefäßen des menschlichen Körpers zu punktieren. Um welche Situationen es sich handelt und wie wir technisch vorgehen wird hier näher erläutert.

1 Indikationen

  • Zufuhr von nur zentralvenös zu applizierenden Lösungen (Chemotherapie, hyperosmolare parenterale Ernährung, …)
  • sicherer, dauerhafter venöser Zugang zur Infusionstherapie bei fehlender einfacher Verfügbarkeit peripherer Venen
  • Hämodynamisches Monitoring mittels PiCCO (Pulse Contour Cardiac Output)
  • neurochirurgische Operationen der hinteren Schädelgruppe, Clipping eines cerebralen Aneurysmas, ggf. zur Wach-OP
  • Eingriffe mit potentiell höherem Katecholaminbedarf und/oder postoperativer parenteraler Ernährung (z.B. Ösophagektomie, Pankreaseingriffe, offene Aortenchirurgie)
  • Akute Hämodialyse/Hämofiltration
  • Platzieren eines passageren Herzschrittmachers

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2 Auswahl der Punktionsstelle

  • Punktionsort der 1. Wahl ist die Vena jugularis interna dextra
  • Ausnahmen:
    • Patient:in mit Tumor/Infektion/thrombosierter Vene im Punktionsbereich
    • Bei Operation/Intervention im Punktionsbereich
    • Pneumothorax/Pneumektomie auf der Gegenseite
    • Bei Operation der hinteren Schädelgrube immer auf der OP-Seite
  • alternative Punktionsorte werden mit der Fach-/Oberärztin besprochen

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3 Grundsätze und allgemeines Vorgehen

  • Aufklären bzw. Überprüfung der Aufklärung des Patienten über die geplante Maßnahme und deren Risiken (Infektion, Blutung, Katheterfehllage, Verletzung benachbarter Strukturen, Pneumothorax) und Dokumentation auf der ZVK-Checkliste
  • Gerinnungsstatus prüfen (Quick > 50%, PTT < 50 sek, Thrombos > 50.000; Antikoagulation), bei erhöhtem Blutungsrisiko Rücksprache Oberärztin und erfahrenen Kolleg:innen punktieren lassen
  • Standardmonitoring installieren; im EKG primär Ableitung II einstellen
  • ein peripherer Venenzugang ist nicht zwingend erforderlich
  • ggf. Sauerstoff-Maske, ggf. Bügel zum Fixieren des Abdecktuches
  • Vorbereitung des Ultraschallgerätes
  • sterile Kautelen: chirurgische Händedesinfektion, sterile Handschuhe, OP-Haube, Mundschutz, steriler Kittel, dreimalige Hautdesinfektion mit gefärbtem Cutasept® und Einwirkzeit von mindestens 2 Minuten (das Punktionsgebiet muss in dieser Zeit durchgehend feucht bleiben), steriler Überzug für Ultraschallkopf, Lochtuch. Siehe auch SOP Hygiene bei Punktionen
  • jede ZVK-Anlage erfolgt unter Ultraschallkontrolle; bei Punktionen der Vena jugularis interna oder Vena subclavia darf nur auf einer Seite (rechts oder links) punktiert werden, um das potentielle Risiko für einen beidseitigen Pneumothorax oder eine beidseitige arterielle Gefäßläsionen zu vermeiden (Apoplexgefahr).
  • Spülen der Katheterlumen mit NaCl 0,9 % (außer braunem Schenkel zur Drahtaufnahme)
  • nach Aspiration von Blut:
    • Einführen des Seldinger-Drahtes nur mit dem j-förmig gebogenen Ende
    • Entfernen der Punktionskanüle
    • sonografische Lagekontrolle des Seldinger-Drahtes in der Vene
    • Dilatation des Stichkanales durch Einführen des Dilatators in ganzer Länge, hierbei wiederholt die Beweglichkeit des Seldinger-Drahtes prüfen
    • Entfernen des Dilatators, Punktionsstelle mit sterilem Tupfer leicht komprimieren
    • Einführen des Katheters über den liegenden Seldinger-Draht, dabei muss der Seldinger-Draht vor Einführen des Katheters durch die Haut aus der Öffnung der Zuspritzung des Katheters (brauner Schenkel) ragen und festgehalten werden
    • Lagekontrolle mittels Certodyn® (bei erwarteter Lage der ZVK-Spitze in der V. cava superior), hierbei den Seldinger-Draht bis zur ersten Markierung aus dem Lumen zurückziehen und auf dieser Höhe den Seldingerdraht mit der EKG-Ableitung verbinden
    • Jetzt den ZVK vorschieben, bis sich die P-Welle erhöht. Nachfolgend Rückzug des Katheters, bis die P-Welle wieder ihre Ausgangsmorphologie erreicht hat
    • bei korrekter ZVK-Lage: Entfernen des Seldinger-Drahtes und sofortiger Verschluss des Lumens (Cave: Luftaspiration möglich)
    • Blutaspiration über alle Lumen durchführen
    • die Lumen mit NaCl 0,9 % spülen
    • Fixation des Katheters mit Naht
    • Abdeckung mit sterilem, durchsichtigem Pflaster 
    • ist eine Lagekontrolle (siehe 5.) nicht sicher möglich, so ist eine Röntgenaufnahme des Thorax durchzuführen
    • nach zwei erfolglosen Punktionsversuchen sowie bei Auftreten von Komplikationen (arterielle Punktion, Pneumothoraxverdacht, …) ist ein Fach-/Oberarzt hinzuzuziehen.
    • die Dokumentation der ZVK-Anlage erfolgt auf der ZVK-Checkliste 

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4 Durchführung

4.1 V. jugularis interna

4.1.1 Indikation

Unser Standardzugang zur Anlage eines zentralen Venenkatheters

4.1.2 Lagerung

  • Der Patient befindet sich in Rückenlage, der Kopf ist leicht zur Gegenseite des Punktionsortes gedreht. Zum Verbessern der Venenfüllung und zum Vorbeugen von Luftembolien über die Punktionskanüle wird der Patient mit dem Kopf tief gelagert. Desweiterten kann bei hämodynamisch stabilen beatmeten Patienten der PEEP zur besseren venösen Füllung für die Punktion erhöht werden.
  • Die Anästhesistin steht an der Kopfseite des Patienten, das Ultraschallgerät steht auf der zu punktierenden Seite auf Oberarmhöhe.

4.1.3 Vorgehen

  • Den linearen Schallkopf am lateralen Hals der Punktionsseite aufsetzen, durch Längsgleiten und Querverschieben die V. jugularis interna und A. carotis aufsuchen.
  • Zur Punktion eignet sich bevorzugt ein Bereich, in dem die V. jugularis lateral der A. carotis verläuft. Die Punktion erfolgt out of plane, die Nadelspitze zielt auf die 12 Uhr-Position der V. jugularis interna.
  • Nach Punktion und Platzierung des Führungsdrahtes und vor der Verwendung des Dilatators wird der Verlauf des Führungsdrahtes in der Vene zur Sicherung der korrekten venösen Lage sonografisch dargestellt.

4.2 V. subclavia

4.2.1 Indikation

Insbesondere im Hinblick auf eine potentiell geringere Infektions- und Thromboserate sowie dem besseren Patientenkomfort bei der Anlage am wachen Patienten ist dieser Punktionsort nach Rücksprache mit einer Fachärztin als Alternative zum Standardpunktionsort zu erwägen.

4.2.2 Lagerung

  • Die Patientin befindet sich in Rücken- und Kopftieflage, der Arm auf der zu punktierenden Seite kann bedarfsweise zur Verbesserung der Gefäßdarstellung ausgelagert werden.
  • Der Anästhesist steht seitlich des Brustkorbs und das Ultraschallgerät auf Kopfhöhe der zu punktierenden Seite.

4.2.3 Vorgehen

  • Die ultraschallgestützte Punktion erfolgt etwas lateraler als die landmarkengestützte Punktion und der Punktionswinkel ist steiler. Auch handelt es sich genau genommen um die Punktion der V. axillaris bzw. den Übergang der V. axillaris zur V. subclavia. Es ist empfehlenswert, sich den Rippenknochen unterhalb der zu punktierenden Vene darzustellen, um durch den Schutz des Knochens über der Pleura einer Pleuraverletzung vorzubeugen.
  • Der lineare Schallkopf wird in der Mohrenheimschen Grube in kranialkaudaler Ausrichtung aufgesetzt, wobei der kraniale Teil der Ultraschallsonde auf der Klavikula sitzt (Knochenschatten). Den Ultraschallkopf nun in kranialkaudaler Ausrichtung auf der Klavikula Richtung Sternum verschieben, bis die A. subclavia unter der Clavicula (Knochenschatten) verschwindet und sich die V. subclavia als einziges Gefäß darstellt.
  • Die Punktion erfolgt out of plane. Hierbei die Kanüle schrittweise im „walk-down-Manöver“ der 12 Uhr-Position der Vene annähern.
  • Technisch anspruchsvoller aber durch die bessere Visualisierung der Punktionsnadel potentiell sicherer ist die Punktion in „in plane-Technik“.
  • Hierzu den Schallkopf parallel zur Klavikula knapp unterhalb derselben aufsetzen und durch Querverschieben die A. subclavia und V. subclavia im Ultraschallbild zentrieren. Durch Schallkopfrotation die V. subclavia in Längsachse darstellen und als mediale Grenze im Ultraschallbild den Knochenschatten der Clavicula darstellen. Die Punktion erfolgt von lateral nach medial.
  • Nach Punktion und Platzierung des Führungsdrahtes und vor der Verwendung des Dilatators wird der Verlauf des Führungsdrahtes in der Vene zur Sicherung der korrekten venösen Lage sonografisch dargestellt.
  • Am Ende der Prozedur erfolgt die Lagekontrolle (siehe 5.).

4.3 V. femoralis

4.3.1 Indikation

  • Zugang in Notfällen im Schockraum und auf der Intensivstation, bei extrakorporalen Organersatzverfahren (Lungenersatz, Herzunterstützungssysteme) sowie bei Kontraindikationen anderer punktionsorte

4.3.2 Lagerung

Der Patient befindet sich in Rückenlage, der Anästhesist steht in Höhe des Oberschenkels und das Ultraschallgerät etwa auf Brusthöhe der zu punktierenden Seite.

4.3.3 Vorgehen

  • Bei gleichzeitig geplanter Punktion von Arterie und Vene zunächst die Vene punktieren, da eine unbeabsichtigte Blutung aus der Arterie die anschließende Venenpunktion erschweren kann.
  • Den linearen Schallkopf in der Leistenfalte aufsetzen, durch Quergleiten der Sonde die A. femoralis vor dem Abgang der A. femoralis profunda darstellen. Medial der Arterie befindet sich die meist leicht zu komprimierende V. femoralis. Diese nun im Ultraschallbild zentrieren.
  • Die Punktion erfolgt out of plane. Einen zu steilen Einstichwinkel (> 60°) meiden, da dieser das Vorschieben des Führungsdrahtes und die Katheterplatzierung erschweren bzw. verhindern kann.
  • Nach Punktion und Platzierung des Führungsdrahtes und vor der Verwendung des Dilatators wird sonografisch der Verlauf des Führungsdrahtes in der Vene zur Sicherung der korrekten venösen Lage dargestellt.
  • Vollständiger Vorschub des Kathters und Annaht.
  • Die Lagekontrolle erfolgt aus der Kombination Sonografie, Aspiration aller Schenkel, Schwerkraftinfusion und/oder vergleichende BGA (venös/arteriell)
  • Bei Zweifeln an der korrekten Lage ist der/die Oberärzt/-in zu informieren

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5 Lagekontrolle

EKG Lagekontrolle ZVK und CavaFix
Abbildung 2: Bipolare Ableitung intravasal in Nähe des Sinusknotens mit hoher P-Welle.
  • nach ZVK-Anlage und vor Fixieren des ZVK muss die korrekte Lage des Katheters geprüft werden
  • primär wird bei Anlage und VOR Dilatation die Lage des Seldinger-Drahtes sonografisch überprüft
  • die ZVK-Lagekontrolle im Bereich der V. cava superior erfolgt zusätzlich durch intraatriales EKG (bei Sinusrhythmus) über Seldingerdraht (Certodyn®)
  • zusätzlich sind zwei der folgenden Kontrollen notwendig:
    • Katheter in allen Lumina rückläufig
    • Schwerkraftinfusion
    • vergleichende BGA (venös/arteriell)
  • ist die Lagekontrolle nicht eindeutig, so erfolgt eine Röntgenaufnahme des Thorax
  • Bei weiter bestehenden Zweifeln ist der Fach-/Oberarzt hinzu zuziehen
  • Wenn ein intrakardiales EKG abgeleitet werden kann, liegt der ZVK in Herznähe. Eine spitze und hohe P-Welle zeigt eine Lage im Bereich des rechten Vorhofes an. Der Katheter wird soweit zurückgezogen, bis die Amplitude der P-Welle nicht mehr kleiner wird. Dort bleibt der Katheter liegen.

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Stand, Kontakt, Haftung

Stand: 12.12.2022

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Dr. med. Achim Spenner

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Dr. med. Achim Spenner

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